Muss ich? Soll ich? Oder will ich sogar im Urlaub erreichbar sein?

Die Antwort vieler Führungskräfte lautet: „Kommt drauf an.“
Oder frei nach Loriot: „Ach was.“

Denn kaum ein Thema wird so sehr zwischen Achtsamkeits-App und Alarmbereitschaft diskutiert wie die Urlaubserreichbarkeit. Vor allem in Führungsetagen. Die eine Hälfte sagt: „Ich bin im Urlaub. Punkt.“ Die andere: „Ich bin im Urlaub – Komma, aber wenn was ist…“

Das Problem: Wenn das „wenn was ist“ immer ist, war es nie Urlaub.

Warum das niemanden (mehr) beeindrucken sollte

In meiner ganzen beruflichen Laufbahn habe ich noch nie erlebt, dass jemand gekündigt wurde, weil er im Urlaub nicht erreichbar war. Aber ich habe erlebt, dass jemand gar nicht mehr in den Urlaub fährt, um auf keinen Fall etwas zu verpassen.

Spoiler: Wer sich unersetzlich macht, zeigt oft unbewusst, dass er schlecht delegiert hat. Wer glaubt, dass das Unternehmen ohne ihn kollabiert, sollte nicht in den Urlaub fahren – sondern ein Führungsseminar besuchen.

Ein Zeichen von Stärke: Nicht erreichbar zu sein

Erreichbarkeit ist kein Beweis für Commitment, sondern oft ein Zeichen mangelnder Führungskultur. Wer sich nie abmeldet, meldet unbewusst: „Ich trau meinem Team nicht.“ Dabei ist es Führungsaufgabe, nicht nur den eigenen Akku aufzuladen, sondern auch Strukturen zu schaffen, in denen niemand in Panik gerät, wenn die Chefin mal offline ist.

Drei Regeln, bevor du den Out-of-Office-Reply aktivierst

  1. Regel dich selbst:
    Wann willst du kontaktiert werden – wirklich? Nur bei Brand? Oder schon bei leichtem Seitenstechen in der Projektstruktur?
  2. Regel dein Team:
    Sage klar, was du erwartest – und was nicht. Wenn du immer erreichbar bist, ist die Latte für alle anderen damit gesetzt. (Und wehe, es ist dann still in der WhatsApp-Gruppe!)
  3. Regel dein Ego:
    Nicht erreichbar zu sein, bedeutet auch: Loslassen. Vertrauen. Und das ist nun mal schwerer als E-Mails am Strand lesen.

Urlaub als Führungsbotschaft

Wenn du als Führungskraft vorlebst, dass Erholung erlaubt – ja sogar gewünscht – ist, sendest du eine wichtige Botschaft:
„Wir funktionieren auch ohne Kontrolle.“
Das ist nicht nur gesund – das ist Kultur.

Und wenn du dir trotzdem Sorgen machst, dass ohne dich alles schiefgeht, dann frag dich:
„Habe ich ein gutes Team?“
Oder: „Will ich eigentlich nur ein gutes Team haben, solange ich es kontrolliere?“

Fazit:

„Vertrauen ist ein Vorschuss auf die Zukunft.“ (Niklas Luhmann)

Trau deinem Team. Trau deiner Struktur. Und trau dir selbst, mal nicht erreichbar zu sein.

Das ist kein Kontrollverlust.
Das ist Führung – auf Augenhöhe. Und mit Sonnenbrille.

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